Autorenlesung von Stefan Hippler im Pfarrzentrum Münster Hiltrup
„Angst ist keiner der Namen Gottes“
Pfarrer Hippler kämpft gegen AIDS und will die Kirche Zum Umdenken bewegen.
Münster-Hiltrup. Mit seinem Buch „Gott, Aids, Afrika“ ist Stefan Hippler derzeit in aller Munde. Immerhin drängt der unkonventionelle Seelsorger in seiner Streitschrift den Papst zum Umdenken in der Aids-Frage. Bei ihrer Afrika-Reise besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel Hipplers Aids-Projekt in Kapstadt. Gestern Abend kam Hippler zu einer Lesung in das Pfarrzentrum St. Clemens. WN-Redakteur Michael Grot-tendieck hatte vorher Gelegenheit, mit ihm ein Gespräch zu führen.
Seit mehr als 25 Jahren ist die Krankheit Aids bekannt. Die Zahlen sind erschreckend. Wie dramatisch ist die Lage?
Hippler: Die Zahlen sind horrend. Allein in Südafrika gibt es sechs Millionen Infizierte. Täglich gibt es bis zu tausend Tote und bis zu 2000 Neuinfizierte. In Deutschland hätte man längst den Notstand ausgerufen.
Gibt es Lösungsansätze?
Hippler: Der Westen setzt auf Medikamente und Kondome, die Kirche auf Medikamente und Verhütung. Die präventive Arbeit hat in Südafrika komplett versagt. Man wird neu überlegen müssen, wo wir ansetzen können. Die Afrikaner wollen keine von außen aufgesetzte Lösung. Einen Schlüssel, der ins Schloss passt, habe ich allerdings auch nicht.
Warum ist es aus ihrer Sicht so wichtig, dass der Papst die Position der katholischen Kirche überdenkt? Anders gefragt: Hätte das überhaupt Einfluss imf das Verhalten der Afrikaner?
Hippler: Die katholische Kirche ist mit 1,2 Milliarden Menschen der größte Global Player. Im sehr religiös geprägten Südafrika sind die Pfarrer und Bischöfe neben den Politikern die Führungspersönlichkeiten. Es ist endlich Zeit, dass die Kirche die Realität und die Erkenntnisse der Wissenschaft zur Kenntnis nimmt. Kirche pflegt die Kranken sehr intensiv, tut aber nichts dafür, dass sich die Menschen nicht infizieren. Das ist schizophren und kann nicht gottgewollt sein.
Sie fordern mit ihrem Buch den Papst direkt heraus. Was haben Sie aus kirchlichen Kreisen für Reaktionen erhalten?
Hippler: Ich habe viele persönliche positive Rückmeldungen erhalten. Privat sagen viele: „Endlich sagt es einer.“ Eine offizielle Stellungnahme des Vatikan steht noch aus. Auch hoffe ich, dass ein Gespräch mit der Bischofskonferenz zustande .kommt und die Kirche weiterbringt.
Was wäre ein Ergebnis, von dem sich sagen würden, es bringt die Kirche weiter?
Hippler: Wir müssen von der Stigmatisierung von Aids Infizierten wegkommen. Die Kirche muss deutlich machen, dass Gott alle Menschen liebt. Es geht bei der Frage der Verhütung nicht um Dogmen, sondern um moraltheologische Fragen. Angst ist ein schlechter Ratgeber, Angst ist keiner der Namen Gottes. Der Schutz des Lebens muss im Umgang mit Aids an erster Stelle stehen.
Also fordern Sie eine Tolerierung der Verhütung. Auch außerhalb der Ehe.
Hippler: Alles andern ging an der Realität vorbei.
Pfarrer Stefan Hippler fordert, die Aids-Pandemie in Afrika nicht weiter tatenlos hinzunehmen.
Unterstützung im Kampf gegen Aids
Der Verein „Hope and Future“ unterstützt seit Jahren den Kampf gegen Aids im Township Delft in Kapstadt. „Hope and Fu-ture“, dessen Vorsitzender der Münsteraner Gregor Lamers ist, kooperiert mit h-o p e (Hiv outreach program and education), in dessen Spitze Stephan Hippler steht.
Drei Gesundheitsarbeiter werden mit Mitteln des Vereins beschäftigt. Sie gelten als anerkannte Experten im Kampf gegen Aids. Durch die Präventionsarbeit dieser Gesundheitsarbeiter ist die Infektionsrate mit AIDS in den Township spürbar gesunken. -WN gro-